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Martha Grüner: "Überleben war alles". Von Ostpreußen verschleppt nach Russland. Frauenlager Karelien - Ural. Neuanfang in Wiesbaden. 

Mit vielen Originalfotos und Zeichnungen                                               Titelbild: Passfoto, Rot-Kreuz-Karte, aufgenommen 1948 in russischer Gefangenschaft.

Wiesbaden 2008

Zu Bestellen über den ViaTerra Verlag.

Martha Grüner, geboren 1928 in Bischofstein, schildert in ihren dramatischen Erinnerungen ihre schrecklichen Erlebenisse beim Einmarsch der Roten Armee in Ostpreußen 1945.

Als sechzehnjähriges Mädchen wird sie von den Russen nach Karelien und später an den Ural verschleppt. Fünf lange Jahre muss sie gemeinsam mit vielen jungen Frauen aus Ostpreußen und dem Banat (Rumänendeutschen) Zwangsarbeit in Frauenlagern leisten.

Ende 1949 kehrt sie nach Deutschland zurück und wagt einen Neuanfang in Wiesbaden.

"Immer sind es Frauen und Kinder, die im Krieg am meisten leiden müssen.   Ich schreibe meine Geschichte nicht auf, um aufzurechnen, das möchte ich ausdrücklich betonen, sondern um sie vor dem Vergessenwerden zu bewahren und in der Hoffnung, dass unser grausames Schicksal die folgenden Generationen wenigstens zum Nachdenken anregen wird."

                                      Martha Grüner, Wiesbaden im April 2008

Textauszug:

Eine fast vergessene Geschichte

Vorwort

 "Mit einem harschen „Dawaj, dawaj – bistra!“ werden wir in den Güterzug getrieben. Die schweren Türen schließen sich, wir stehen dicht an dicht gedrängt im Dunklen, nur durch schmale Ritze fällt etwas Licht in den muffigen Waggon. Doch es ist nicht der Kohlestaub in der Luft, der uns den Atem nimmt, es ist die Angst.

 Mit einem Ruck setzt sich der lange Güterzug in Bewegung. Die Fahrt ins Ungewisse beginnt.

 Für einen Moment herrscht Totenstille.

 Was geschieht mit uns?

 Wohin werden wir gebracht?

 Dann bricht plötzlich ein lautes Weinen und Klagen los. Die Mädchen schreien verzweifelt nach ihren Müttern, junge Frauen nach ihren Kindern, die ihnen die russischen Soldaten aus den Armen gerissen haben. Die Sorge um ihre nun hilflos dem Hunger und der Kälte ausgelieferten kleinen Kinder, die sie oft ganz allein zurücklassen mussten, bricht ihnen fast das Herz.                               

 Wir sind etwa siebzig junge Mädchen und Frauen, die von den Russen in dem dreckigen Waggon eingesperrt worden sind, es ist zu eng, um sich auf dem Boden auszustrecken, obwohl viele von uns krank und sehr schwach sind nach den tagelangen brutalen Verhören, Vergewaltigungen und Misshandlungen.

Es ist kurz vor Kriegsende, in Ostpreußen herrschen frühlingshafte Temperaturen. Je länger der Zug unterwegs ist, umso kälter wird es. Am Stand der Sonne können wir erkennen, es geht nach Nordosten, wir werden nach Russland gebracht. In ein  Straflager. Hinter Stacheldraht.

Viele von uns werden niemals heimkehren.

Insterburg, 9. April 1945

 

 Es gibt kein Foto von unserer Abfahrt, das Zeugnis davon geben könnte, dass an diesem Tag keine kräftigen Männer nach Russland zur Zwangsarbeit verschickt wurden, sondern fast nur Frauen und Mädchen, die zum größten Teil schon bei der Abfahrt zu erschöpft und krank waren, um arbeiten zu können.

 Besonders die älteren Frauen waren den Gewaltmärschen zu den Sammellagern nicht gewachsen, einige von ihnen haben den unmenschlichen Transport in den Güterzügen nach Russland nicht überlebt. Der Suchdienst des Roten Kreuzes gab dreißig Jahre später, nach umfangreichen und äußerst komplizierten Recherchen die Zahl der aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße Verschleppten mit 530 000 Personen an, von denen etwa 229 000 in den russischen Lagern gestorben sind."


Ostpreußen, 1944